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18. Dezember 2022

Unter dem eigenen Level geblieben

Mitunter greift im Profisport das Prinzip der selbsterfüllenden Prophezeiung. Der Wirkmechanismus kann sich sowohl ins Positive als auch ins Negative drehen. Am Samstagabend neigte sich die Waage Richtung Gastgeber. Der SYNTAINICS MBC bezwang die MLP Academics Heidelberg in einer wechselhaften Partie der easyCredit Basketball Bundesliga mit 92:85 (29:19, 18:21, 23:26, 22:19) und behielt vor 2.050 Zuschauern in der engen Stadthalle verdientermaßen die Oberhand. Denn die Mannschaft aus Sachsen-Anhalt, die wie die Saalestadt Weißenfels schon immer ein bisschen anders ist, nutzte den Heimvorteil sehr geschickt aus, so dass die Fans der „Wölfe“ kurz vor der Schlusssirene skandieren durften: „Hier regiert der MBC!“

Die Gäste aus der Kurpfalz wussten vor dem Tipp-off, was auf sie in der „Stadthölle“ des Mitteldeutschen Basketball Clubs (früher SSV Einheit Weißenfels) zukommen würde. Headcoach Joonas Iisalo hatte seine Jungs nachdrücklich vor den Wurfkünsten, den Reboundfähigkeiten und der cleveren Spielweise des MBC in der Offensive gewarnt. „Wir müssen da weitermachen, wo wir gegen Braunschweig aufgehört haben“, sagte Joonas Iisalo MagentaSport-Reporter Markus Herwig vor dem Sprungball.

Richtungsweisendes erstes Viertel

Lukas Herzog verwandelte zwei Dreier zu Beginn des ersten Viertels. Foto: Andreas Bez

Nach einem soliden Auftakt, bei dem sich Lukas Herzog mit zwei verwandelten Dreiern hervortat, verflüchtigte sich der anfängliche Elan relativ schnell. Spätestens nach der ersten Etappe war klar, dass die MLP Academics eine starke Leistung brauchen, um dem Kollektiv von MBC-Trainer Igor Jovovic Paroli bieten zu können. Die Sachsen-Anhaltiner haben nicht von ungefähr die beste Dreierquote der gesamten BBL – das 19:29 (1. Viertel) aus Sicht der Heidelberger war ein Warnschuss. Man gestattete den „Wölfen“ schlichtweg zu viel Platz. Die Defensivprobleme zogen sich wie ein roter Faden durch das Spiel, wenngleich sie mit zunehmender Dauer weniger eklatant ausfielen.

Im Grunde sollte sich der Zehn-Punkte-Rückstand als große Hypothek erweisen. Im zweiten Viertel trat merkliche Besserung ein. Zwischen der 14. (38:28) und 18. Minute (39:36) lagen die Academics plötzlich auf Schlagdistanz, um binnen 30 Sekunden erneut vieles zu „verdaddeln“. Heißt: Zwei Fehler sowie ein Turnover machten das erste Comeback nahezu zunichte.

Lauf der Academics und Saisonbestwert von Mushidi

Der 11:2- Lauf der Heidelberger schien das Blatt zu drehen (49:51). Foto: Andreas Bez

Die Berg- und Talfahrt fand im dritten Abschnitt seine Fortsetzung. Nach einem 11:2-Lauf von Washington und Co. schien sich kurz nach dem Kabinengang das Blatt zu drehen (49:51), doch auch in dieser Phase fehlte es an Konstanz und Konsequenz in den Aktionen. Im Gegenteil: Kostja Mushidi düpierte die Gäste und scorte 21 Punkte (darunter vier Dreier), was für den 24-jährigen Deutsch-Belgier zugleich Saisonbestwert bedeutete.

Nach dem 70:66 (3. Viertel) für den MBC bestand trotz aller Widrigkeiten noch Hoffnung. Warum auch nicht!? Denn im bisherigen Saisonverlauf hatten die MLP Academics ja häufig bewiesen, dass sie nie aufgeben und sich als Crunchtime-Schreck bei den Kontrahenten gehörigen Respekt erarbeiten. Ein 11:0-Zwischenspurt, an dem Allrounder Stephon Jelks – in der Spielzeit 2019/2020 im Academics-Trikot agierend – maßgeblich beteiligt war, stellte endgültig die Weichen für den MBC. Beim 81:66 (34.) für die „Wölfe“ waren die Chancen auf ein Minimum gesunken. Prima, dass sogar danach noch einmal ein energisches Aufbäumen gegen die drohende Niederlage stattfand.

Es wurde zerfahren, hektisch und teilweise wild. Igor Jovovic holte sich ein Technisches Foul ab, das indes die Widerstandskraft seiner Akteure stimulierte. Die MBCler, unterstützt von der aufgebrachten Kulisse, warfen sich buchstäblich nach jedem Ball. Und behielten bis zum finalen 92:85 die Nerven …

Max Ugrai: „Sie waren die bessere Mannschaft“

Die Heidelberger blieben unter ihrem eigenen Level und konnten ihr Potenzial nur phasenweise abrufen. Foto: Andreas Bez

Die Gründe für die Auswärtsniederlage der MLP Academics sind offensichtlich. Während der MBC meist stark und clever agierte, blieb das Heidelberger Team, das kurzfristig auf den erkrankten Playmaker Niklas Würzner verzichten musste, unter seinem eigenen Level und vermochte sein unstrittiges Potenzial lediglich phasenweise abzurufen. „Die Weißenfelser waren heute die meiste Zeit die bessere Mannschaft“, sagte Max Ugrai sportlich fair und selbstkritisch nach einer bitteren, aber verdienten Niederlage.

In Sachen Treffsicherheit war der MBC überlegen – 24/35 (68,6 Prozent) gegenüber 19/33 (57,6) bei den Zweiern sowie 12/28 (42,9 Prozent) gegenüber 11/34 (32,4) bei den Dreiern illustrieren den markantesten Unterschied auf dem Parkett. Da fielen die jeweiligen Freiwurfquoten (8/12 und 14/19) kaum ins Gewicht, das Reboundverhältnis (41/26) zählte ebenfalls nur bedingt. Weiterer signifikanter Wert: 20 Assists für den MBC – deren 10 für die Academics! Die Korbjäger aus dem Saaletal ließen Ball und Gegner konstruktiver laufen.

Ergo: Eine geschlossene Vorstellung der Hausherren, die sich hervorragend auf den Tempobasketball der Academics eingestellt hatten. Ihre Handlungs- und Tatkraft bewirkte, dass die Vorhersage Wirklichkeit wurde. Aus MBC-Perspektive also der positive Effekt einer selbsterfüllenden Prophezeiung.

Neue Kräfte fürs Spiel gegen den FC Bayern sammeln

Die Heidelberger haben nun zehn Tage Zeit, um etwas Abstand zu gewinnen und neue Kräfte für das Bonusspiel und „X-Mas Game“ am 27. Dezember (Dienstag, 20.30 Uhr) gegen den FC Bayern München in der SAP Arena zu sammeln. Annähernd 7.500 Tickets sind derweil für die Stippvisite im Mannheimer „Ufo“ unmittelbar nach den Weihnachtsfeiertagen verkauft.

Gespannte Erwartung, Vorfreude und Motivation sind riesig. Alle Protagonisten der MLP Academics hoffen insgeheim, dass beim Aufeinandertreffen zwischen „David“ und „Goliath“ die Heidelberger Basketballer, zumal vor einer historischen Rekordkulisse, über sich hinauswachsen werden.

Mut tut gut – zu verlieren haben sie wahrlich nichts.

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Stimmen zum Spiel:

 

„Glückwunsch an den MBC zum Sieg. Sie haben ein beeindruckendes Spiel gezeigt. Wir waren nicht in der Lage, das Trio Clyburn, Mushidi und Callison zu stoppen. Uns gelangen einige Läufe, aber wir haben keine Konstanz gefunden. Wir kreierten gute Chancen, doch wir konnten sie nicht wie der MBC nutzen. Kleinigkeiten haben das Spiel heute zu Gunsten des Gegners entschieden.“ – Joonas Iisalo, Trainer der MLP Academics.

 

„Eine großartige Teamleistung und ein großartiger Sieg gegen einen starken Gegner, der uns mit seinem Highspeed-Basketball das Leben schwer gemacht hat. Heidelberg hat nie aufgegeben und ist immer wieder rangekommen, aber wir haben dann immer die richtigen Lösungen gefunden. Riesenlob an meine Spieler für ihre Disziplin über die gesamte Spielzeit. Sie haben auf dem Feld das umgesetzt, was wir uns zuvor vorgenommen hatten.“ – Igor Jovovic, Trainer des MBC.

 

„Wir waren eigentlich immer wieder dran – und hatten das Momentum auf unserer Seite. Sie haben bessere Würfe als wir genommen und hochprozentiger getroffen. Auf uns wartet das große Spiel gegen Bayern München. In der SAP Arena wollen wir uns gut präsentieren und das Beste aus uns herausholen.“ – Max Ugrai, Spieler der MLP Academics.

 

„Es fühlt sich sehr gut für uns an. Wir wollten unbedingt gewinnen, klar war ich gegen meinen Ex-Klub aus Heidelberg besonders motiviert. Wir werden uns ein bisschen ausruhen und dann im nächsten Spiel bei Alba Berlin alles versuchen, was möglich ist.“ – Stephon Jelks, MBC-Spieler und in der Saison 2019/2020 Teil der MLP Academics.

 

Für die MLP Academics Heidelberg spielten: Eric Washington 26 Punkte (2 Dreier), Tim Coleman 15 (1), Max Ugrai 12 (2), Lukas Herzog 8 (2), Elias Lasisi 6 (1), De’Jon Davis 6 (1), Vincent Kesteloot 5 (1), Bryan Griffin 4, Akeem Vargas 3 (1), Felix Edwardsson (DNP).

SYNTAINICS MBC: Kostja Mushidi 21 (4), Charles Callison 20 (2), Kris Clyburn 16 (1), Mitchell Ballock 9 (3), John Bryant 9, Stephon Jelks 8 (2), Martin Breunig 7, Sergio Kerusch 2, Mario Ihring, Radii Caisin.

 

 

Text: Joachim „Jogi“ Klaehn

MLP Academics Heidelberg

Kommunikation und Medien

Zuschauer:innen: 2050
MLP Academics Heidelberg – Basketball mit Zukunft