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20. November 2022

Tolle Wende, bitteres Ende

Schade, ärgerlich, unnötig – das waren zugleich die spontanen Kommentare des Publikums vor dem Verlassen des SNP domes. Am 7. Spieltag der easyCredit Basketball Bundesliga zeigten die MLP Academics Heidelberg und ratiopharm Ulm eine rasante Korbjagd. Doch diesmal hatten die Gäste – im Gegensatz zu Frankfurt und Oldenburg – das bessere Ende in der Verlängerung für sich. Mit 96:106 (21:24, 14:25, 29:12, 24:27, 8:18) unterlagen die Heidelberger letztlich, auch weil die Aufholjagd nach einem zwischenzeitlichen 16-Punkte-Rückstand – 35:51 (21.) – viel, viel Power gekostet hatte, was sich am Ende der regulären Spielzeit sowie in der Overtime als ausschlaggebend erweisen sollte.

„Das war eine sehr gute Atmosphäre in dieser Arena“, sagte Elias Lasisi, „dies hat uns wirklich geholfen.“ In der Tat: Von Anfang an machten die 3.387 Zuschauer im SNP dome einen Höllenlärm und puschten die MLP Academics enorm. Es war nach der Partie gegen die Telekom Baskets Bonn am 18. April (71:82) die zweitbeste Zuschauerzahl seit dem Erstliga-Aufstieg, in der Vorsaison kamen im Duell mit Bonn 3.449 Fans in die Halle.

Drei Verlängerungen in vier Heimspielen

„Uns hat irgendwann die Kraft gefehlt“, konstatierte Niklas Würzner, „und dann passieren Fehler und es werden nicht die richtigen Entscheidungen getroffen.“ Foto: Lukas Adler

In drei von vier Heimspielen bekamen bis dato die Fans eine fünfminütige Extraschicht geboten. Es ist eine irre Momentaufnahme, aber es ist eben im Profisport auch klar, dass nicht jedes Mal der Sieger Heidelberg heißen kann. „Uns hat irgendwann die Kraft gefehlt“, konstatierte Niklas Würzner, „und dann passieren Fehler und es werden nicht die richtigen Entscheidungen getroffen.“

Was Würzner anspricht, deutete sich bereits in der ersten Halbzeit an. Allein schon was die Turnovers und die Assists anbetrifft, bestand ein signifikanter Unterschied. 15/4 und 4/11 lautete in den genannten Kategorien der unmittelbare Vergleich – so wird es schwer, ein Heimspiel zu gewinnen. Und: In der Offensive blieben Tim Coleman, Max Ugrai, Akeem Vargas und De’Jon Davis gänzlich ohne Korberfolg, so dass diesbezüglich die Verantwortung maßgeblich auf den Schultern von Eric Washington und Elias Lasisi lag. Der Pausenstand (35:49) spiegelte die Fehlerlastigkeit und Wurfschwäche wider.

Spektakuläres drittes Viertel

Tim Coleman legte 7 Punkte auf. Foto: Lukas Adler

Fulminant und spektakulär verlief hingegen das dritte Viertel. Die MLP Academics agierten mit hoher Intensität in der Verteidigung, ließen die „Uuulmer“ richtig leiden, in dem Eric Washington, in der ersten Hälfte noch Alleinunterhalter, die ersehnte Unterstützung bekam. Max Ugrai hatte eine super starke Phase, ergänzt durch Lasisi und Vargas. Bis zur 36. Minute präsentierten sich die Hausherren, frenetisch unterstützt von der phantastischen Kulisse, in Galaform. Die Iisalo-Schützlinge schafften nicht nur die Wende, sondern lagen ihrerseits vermeintlich komfortabel mit 83:73 in Front. Statt ruhig und clever die letzten dreieinhalb Minuten zu agieren, wurde Ulm durch kleine Missgeschicke und eine insgesamt unangemessene Entscheidungsfindung in vielen Aktionen die Tür geöffnet.

Die Gäste, bislang ihren hohen Ansprüchen nicht gerecht geworden, nahmen diese Einladung der MLP Academics dankbar an und offenbarten nun ihr außergewöhnliches Potenzial. Was Yago Mateus dos Santos, Thomas Klepeiz und Karim Jallow in der Crunchtime inklusive Verlängerung leisteten, das war schon Extraklasse. Insofern ging der Erfolg nicht unverdient an Ulm, weil sie unterm Strich „abgezockter“ waren.

Die Konstanz muss besser werden

Das Spiel zeigt uns“, sagte Max Ugrai danach, „dass wenn man nicht 40 Minuten konstant spielt, nicht gewinnen kann. (…).“ Foto: Lukas Adler

Bei Heidelberg saß der Stachel der Enttäuschung nach 45 Minuten Dramatik naturgemäß tief. „Das Spiel zeigt uns“, sagte Max Ugrai danach, „dass wenn man nicht 40 Minuten konstant spielt, nicht gewinnen kann. 15 gute Minuten reichen dann halt nicht.“

An den Leistungsschwankungen innerhalb einer Bundesliga-Partie wird also weiterhin im Team akribisch getüftelt werden. Jeder in der Mannschaft weiß das, jeder will es schleunigst abstellen. Schon im Hinblick auf die delikate Auswärtsaufgabe am kommenden Sonntag (15 Uhr) beim Aufsteiger Rostock Seawolves. Es wird kein Honigschlecken im hohen Norden. Machbar ist es freilich, sollte das Leistungslevel über die gesamte Spielzeit stimmen – und dann mit dem aus Academics-Sicht richtigen Ende schließen.

 

Stimmen zum Spiel:

„Glückwunsch an Anton und Ulm zum Sieg. Wir haben 20 Minuten guten Basketball gespielt. Die ersten fünf Minuten haben wir sehr anständig gespielt, sind dann aber schlecht in das zweite Viertel gestartet. Wir waren nicht organisiert genug. Nach der Halbzeit sind wir mit einer ganz anderen Mentalität zurückgekommen und haben 15 Minuten lang den vermutlich bisher besten Basketball in dieser Saison gespielt. Dann haben wir wieder den Fokus verloren und Ulm kam zurück. Die Beständigkeit hat uns gefehlt.“ – Joonas Iisalo, Trainer der MLP Academics.

 

„Wir sind enorm glücklich, dass wir bestehen konnten. Die erste Halbzeit war sehr gut, haben Heidelberg zu 15 Turnovers gezwungen und hatten das Spiel eigentlich unter Kontrolle. Im dritten Viertel haben wir dann leider den Faden verloren. Heidelberg hat ins Spiel gefunden. Es sah genauso aus wie in vielen Spielen, die wir davor bestritten haben. Im letzten Viertel war es gut, dass wir die Pick-and-roll-Situation klären, uns die Rebounds holen und uns in die Overtime retten können. In der Verlängerung haben wir in der Offensive gute Entscheidungen getroffen und sind glücklich, dass wir gewonnen haben.“ – Anton Gavel, Trainer von ratiopharm ulm

 

„Wir müssen konsequenter spielen. Leider haben wir in einigen Phasen die Kontrolle verloren, uns Turnovers erlaubt und schlechte Entscheidungen getroffen. Das gilt es zu verbessern.“ – Elias Lasisi, MLP Academics

 

„Wir müssen an unserer Konstanz arbeiten – wie schon die ganze Saison. Dann können wir solche Spiele wie heute gegen Ulm auch holen.“ – Max Ugrai, MLP Academics

 

Für die MLP Academics Heidelberg spielten: Eric Washington 25 (3 Dreier), Elias Lasisi 18 (3), Max Ugrai 16 (1), Bryan Griffin 8, Tim Coleman 7 (1), De’Jon Davis 6 (2), Akeem Vargas 6 (2), Vincent Kesteloot 4, Lukas Herzog 4, Niklas Würzner 2, Felix Edwardsson (DNP).

ratiopharm ulm: Thomas Klepeiz 22 (4), Yago Mateus dos Santos 21 (2), Karim Jallow 20 (1), Nicolas Bretzel 13, Robin Christen 12 (3), Juan Núñez 8, Joshua Hawley 4 (1), Tobias Brahe Jensen 3 (1), David Fuchs 3, Sagaba Konate.

 

 

Text: Joachim „Jogi“ Klaehn

MLP Academics Heidelberg

Kommunikation und Medien

Zuschauer:innen: 3387
MLP Academics Heidelberg – Basketball mit Zukunft