Aufklappen
10. Mai 2022

Saison-Finale in Ludwigsburg

Für das Nachholspiel vom 24. Spieltag und gleichzeitig auch das letzte Pflichtspiel der Saison geht es für die MLP Academics am kommenden Mittwoch (11.05./19 Uhr) nach Ludwigsburg, wo mit den MHP RIESEN Ludwigsburg der Tabellenvierte der easyCredit BBL wartet. Für die Schwaben kommt das Spiel gegen die Heidelberger nur drei Tage nach dem Gewinn der Bronzemedaille in der FIBA Champions League – einem klaren emotionalen Höhepunkt der Saison. Trotz dieser Belastung können sich die Ludwigsburger gegen die Heidelberger nicht erlauben, die Intensität schleifen zu lassen, da es für die Mannschaft von John Patrick immer noch um das Heimrecht in der ersten Playoffserie geht. So können sich die Academics zum Saisonabschluss noch einmal auf einen echten Kampf gegen eine ebenso physische wie motivierte Mannschaft einstellen, während sie versuchen, ein erfolgreiches Ende für ihre Premierensaison in der Bundesliga zu finden.

Situation des Gegners

Durch ihrh Finalteilnahme 2020 und die hervorragende Hauptrunde 2020/21, welche die RIESEN als Tabellenerster abschließen konnten, bevor sie sich im Halbfinale dann Bayern München geschlagen geben mussten, haben sich die Barockstädter in den letzten beiden Saisons als eines der tonangebenden Teams der easyCredit BBL etabliert. Auch diese Saison sind die RIESEN wieder als ein absolutes Spitzenteam anzusehen, was sie nicht nur in der easyCredit BBL gezeigt haben, wo sie momentan mit 22 Siegen bei nur 11 Niederlagen den vierten Tabellenplatz belegen, sondern auch in der FIBA Champions League.

Seit 2013 steht John Patrick für die Ludwigsburger an der Seitenlinie und konnte in dieser Zeit den Titel als Trainer des Jahres sowohl in der Bundesliga (2020/21), als auch in der Champions League (2017/18) einstreichen. Foto: Steffen Eirich // www.steffeneirich.com

In Europas drittstärkstem Clubwettbewerb spielten die Schwaben eine hervorragende Saison und konnten sich nach dem erfolgreichen Marsch durch zwei Vorrunden-Gruppen in drei heiß umkämpften Achtelfinal-Partien gegen den rumänischen Club U-BT Cluj Napoca durchsetzen und so für das Final Four in Bilbao qualifizieren. Dieses Endturnier begann für die RIESEN am vergangenen Freitag  mit der Halbfinal-Partie gegen BAXI Manresa, welche die Schwaben aber mit 55:63 verloren und so ihre Titelträume begraben mussten. Am Sonntag konnten die Ludwigsburger im Spiel um Platz drei gegen Hapoel U-NET Holon aber immerhin die Bronzemedaille gewinnen. So steht am Ende einer sehr erfolgreichen Ludwigsburger Saison auf internationalem Parkett das beste Abschneiden einer deutschen Mannschaft in der Champions League – zwar waren sowohl die RIESEN 2017/18 als auch Brose Bamberg 2018/19 schon im Final Four vertreten, allerdings mussten beide Mannschaften jeweils mit dem vierten Platz vorliebnehmen. Zeit, dieses intensive Finalturnier zu verarbeiten, bleibt für Ludwigsburg wenig. Nach dem Final Four ist für die RIESEN vor dem BBL-Viertelfinale, doch dazwischen wartet morgen mit den Academics noch ein Gegner, der die Schwaben im Hinspiel mit 73:67 bezwingen konnte, so dass die Gastgeber sicherlich noch eine Rechnung offen haben werden.

Player to Watch

In John Patricks traditionell guard-lastigem System hat in dieser Saison Jonah Radebaugh die Rolle des ehemaligen Heidelbergers Jaleen Smith übernommen, der in der vergangenen Spielzeit Dreh- und Angelpunkt des Ludwigsburger Spiels war und zurecht als Liga-MVP ausgezeichnet wurde. Schon ab Dezember 2020 läuft Jonah Radebaugh, der im laufenden Spielbetrieb von den schwedischen Köping Stars nach Ludwigsburg gewechselt war, für die MHP RIESEN auf und konnte in der letzten Saison dabei vor allem in der Playoffserie gegen Bayern München sein Talent, sowie seine unglaubliche Energieniveau unter Beweis stellen. Nach dem Abgang von Jaleen Smith nach Berlin war in dieser Saison dann endgültig die Bühne frei für Radebaugh, der sich sofort als primärer Ballhandler der RIESEN etablierte und für das Ludwigsburger Spiel unabdingbar machte. Mit 31,3 Minuten pro Spiel reißt der 24-Jährige die zweitlängste Spielzeit aller BBL-Spieler ab und stand bisher in jeder Ludwigsburger Bundesliga-Partie von Beginn an auf dem Parkett.

Im Hinspiel gegen die MLP Academics blieb Jonah Radebaugh mit nur zwei Punkten, sechs Rebounds und zwei Assists eher blass, über die Saison gesehen ist er aber wohl der wichtigste Spieler im Kader der RIESEN. Foto: Lukas Adler // ladler.photography

Dabei unterscheiden sich seine Statistiken nicht sonderlich von den Ludwigsburger Werten seines hochgelobten Vorgängers Jaleen Smith – Smith legte 2020/21 15,2 Punkte, 5,1 Rebounds, 5,3 Assists und 1,7 Steals pro Spiel bei einer Trefferquote von 41 Prozent auf dem Feld auf, während Radebaugh in dieser Spielzeit durchschnittlich 14,3 Punkte, 5,3 Rebounds, 3,5 Assists und 1,7 Steals bei einer Wurfquote von 43 Prozent aus dem Feld auflegt. Wie Smith letztes Jahr geht Jonah Radebaugh in dieser Saison dabei auch als Vorbild in Sachen Einstellung voraus und verkörpert, wie kaum ein anderer Ludwigsburger, die von John Patrick etablierte Philosophie, die sowohl offensiv, als auch defensiv von seinen Spielern zu jedem Zeitpunkt höchste Intensität verlangt.

Schlüssel zum Spiel

Seit dem Beginn der Amtszeit von John Patrick als Ludwigsburger Cheftrainer dominiert in Ludwigsburg eine Spielidee, die durch Intensität, Druck und Geschwindigkeit definiert wird. In Patricks immer wieder als „40 Minutes of Hell“ betitelten Spielsystem wird das ganze Spiel über hoher Druck auf den gegnerischen Ballhandler ausgeübt, um den Fluss der gegnerischen Offensive zu unterbrechen und sich mehr Wurfversuche als die gegnerische Mannschaft zu erarbeiten. So klauen die Ludwigsburger die meisten Bälle pro Spiel und haben dabei aber selbst die geringste Turnover-Rate der Liga, wodurch die RIESEN im Schnitt zehn Wurfversuche mehr aus dem Feld nehmen können als ihre Gegner. Mit Justin Simon konnten die Schwaben dabei in der laufenden Saison einen Spieler von ratiopharm Ulm nachverpflichten, der mit seinen 1,8 Steals pro Spiel auf Platz sieben im Ligavergleich steht und diese aggressive Verteidigungsstrategie wie kaum ein Zweiter verkörpert.

Justin Simon ist einer der athletischsten Spieler der easyCredit BBL und kann so von den Ludwigsburgern trotz seiner Größe von ’nur‘ 1,94 Metern durchaus auch unter dem Korb eingesetzt werden. Foto: Hansjürgen Britsch // Pressefoto Baumann

Auch wenn sich die RIESEN dadurch hervortun, durch erzwungene Turnover mehr Wurfversuche als der Gegner zu erspielen, haben sie Schwierigkeiten, diese Würfe konstant in Punkte umzuwandeln. Mit 43,7 Prozent Wurfquote aus dem Feld haben die Barockstädter die schlechteste Trefferquote der Liga und auch der Ball läuft mit nur 15,6 Assists pro Spiel nicht wirklich gut – in dieser Hinsicht stehen nur die Academics noch schlechter da. Wenn die Heidelberger es also schaffen, sich ähnlich viele Wurfversuche wie die RIESEN zu erarbeiten, stehen ihre Siegchancen aufgrund der durchwachsenen Ludwigsburger Offensive nicht schlecht. Allerdings ist es leichter gesagt als getan, gegen Ludwigsburg das Duell um die Rebounds zu gewinnen und vor allem auf den Ball aufzupassen – doch genau das sind die Schlüssel zum Spiel. Positiv für die Mannschaft von Frenki Ignjatovic ist dabei, dass gegen Ludwigsburg Rob Lowery von seiner Sperre zurückkehren wird, der im Spielaufbau helfen kann, dem immensen Ludwigsburger Druck zu widerstehen.

_______________________________

  • Titelbild: Andreas Gieser // cheesy.photo
  • Text: Niklas Pempe