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8. April 2021

Erster Heimsieg im SNP DOME

Nach einem zwischenzeitlichen 24 Punkte Rückstand, kämpfen sich die MLP Academics Heidelberg in furioser und beeindruckender Art und Weise zurück ins Spiel und erringen den ersten Sieg in der neuen Heimstätte an der Speyerer Strasse. Mit 97:82 geht der Sieg verdient, wenn auch etwas zu hoch an die Heidelberger.

Weniger als 48 Stunden nach dem Ende des Topspiels in Jena stand nun also das Duell gegen das aktuelle Tabellenschlusslicht der Barmer 2. Basketball Bundesliga auf der Agenda. Ein Sieg sollte es also schon sein, auch wenn Coach Frenki Ignjatovic die Bedeutung der Partie im Vorfeld versuchte, etwas runterzuspielen. So ging es auch mit einer völlig neuen, ungewohnten Starting Five um Sa’eed Nelson, Shaun Willett, Albert Kuppe, Evan McGaughey und Armin Trtovac in diese Partie. Die Möglichkeit für einige Spieler sich vor dem Start der Playoffs in den Fokus zu spielen.

Krasser Fehlstart gegen mutige Ehinger

Auf dem Feld offenbarte sich in den ersten Minuten jedoch, man kann es schwerlich anders bezeichnen, ein Debakel. Übermotiviert in der Offensive und nachlässig in der Defensive setzten einige der Akteure die völlig falschen Prioritäten gegen einen befreit aufspielenden Gegner aus Ehingen.  Die Pick and Roll Verteidigung verdiente diese Bezeichnung nicht. So kamen die Gäste ein ums andere Mal zu leichten Abschlüssen, während die Academics in der Offensive viel zu selten den offenen Mann suchten und zu häufig das eins gegen eins. Wenn man einem Gegner in der Anfangsphase solche Signale sendet, passiert gerne mal das, was die Zuschauer in der Halle und am Livestream in den ersten acht Minuten zu sehen bekamen.

Eine Legende nimmt Abschied. Nach 20 Jahren endet die Schiedsrichterkarriere von Mesut Aydogdu (Foto: Thomas Disqué)

Daher lohnt es sich, das erste Viertel etwas detaillierter zu beleuchten, denn nach zweieinhalb Minuten leuchtete ein 1:11 auf der Anzeige, die dieses Mal von Anfang an einwandfrei funktionierte. Als die Academics in Person von McGaughey im folgenden Angriff, dank der Stärke am offensiven Brett, nach zwei Offensivrebounds per Tip-In den ersten Feldkorb erzielen konnten, keimte zunächst die Hoffnung, dass dies der Startpunkt zur Wende gewesen sein könnte.

Ein Viertel zum Vergessen…

Doch weit gefehlt. Was folgte war eine unglaubliche Serie an erfolgreichen Dreipunktwürfen der „jungen Wilden“. Allein sechs davon folgten in dreieinhalb Minuten. Aus allen Lagen „ballerten“ die Gäste los und trafen nach Belieben. Da die Verteidigung der Gastgeber jedoch weder die Dreier noch die Nahdistanzwürfe zu verhindern vermochte, stellte Daniel Helterhoff nach einem 11:0 Lauf der Gäste per Korbleger zum 9:33 (9. Minute).  Das erste Viertel schien somit gänzlich ruiniert und nur der kühnste Optimist hätte für möglich gehalten, dass bereits vor Ende der ersten Halbzeit die erste Heidelberger Führung auf dem Scoreboard aufleuchtete.

Es gab schon einige Rückstände, die in dieser Saison aufgeholt werden konnten, wo am Ende der Sieger MLP Academics Heidelberg hieß. Gegen Trier und Paderborn beispielsweise lag man ähnlich aussichtslos zurück und bog die Partie noch herum. Aber 24 Punkte? Das war schon ein dickes Brett. In einer solchen Phase greift man als Mannschaft nach jedem Strohhalm, der einem gereicht wird. Es war in diesem Fall der individuellen Qualität eines Jordan Geist zu verdanken, dass der Glaube an einen Sieg zarte Konturen bekam.  Zwei sogenannte „and 1“ (Korberfolg mit Bonusfreiwurf) in Folge und somit sechs Punkte am Stück erzielte der US Amerikaner. Es sollte der sehr frühe Turnaround sein.  Denn nun waren die Schleusen geöffnet.

…oder doch nicht?

Die Defensive wirkte viel aggressiver und entschlossener. Hier taten sich insbesondere Geist und Niklas Würzner, der früh für den bis dahin enttäuschenden Nelson eingewechselt wurde, hervor. Ein 13:0 Lauf in weniger als zwei Minuten war die Folge. Somit war der Rückstand nach dem ersten Viertel auf unter den Umständen erträgliche 11 Punkte geschmolzen.

Punktemäßig eröffneten die Heidelberger das zweite Viertel. Shy Ely, nach der Viertelpause erstmals eingewechselt, erzielte direkt einen Dreipunktwurf und baute den Lauf somit auf 16:0 aus. Doch auch Würzner schien Zielwasser getrunken zu haben und netzte seinerseits zum zweiten Mal für drei ein. Die Offensive hatte nun, auch dank der gütigen Mithilfe einer löchriger werdenden Verteidigung der Gäste, an Fahrt aufgenommen. Im weiteren Verlauf des zweiten Viertels sorgte ein 10:0 Lauf beim Stand von 46:44 für die erste Führung des Spiels. Ein weiterer Dreier von Oshita bedeutete jedoch, dass man diese Führung nicht mit in die Halbzeitpause nehmen konnte.

Ja, wer hängt denn da am Korb? Shy Ely mit einem seltenen Allyoop Dunking (Foto: Thomas Disqué)

Corona konformer Abstand auf dem Feld

Der verrückte Verlauf der ersten Halbzeit legte die Vermutung nahe, dass man fortan von einem souveränen Herunterspielen der Academics ausgehen könne. Als dann auch Jordan Geist per Dreier die frühe Führung besorgte, schien sich diese Vermutung zu bestätigen. Doch die junge Truppe aus dem Alb-Donau Kreis wollten sich noch lange nicht geschlagen geben. Es entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, in dem offenbar beide Teams mehr Gefallen am Scoren als am Verteidigen fanden. Krachende Dunks, offene Dreier, ein seltener Alleyoop des „alten Mannes“ Shyron Ely und stets ein Sicherheitsabstand von gefühlten 1,5 Metern zum Gegenspieler ließen das Spiel zwar unterhaltsam aussehen. Einem Trainer wie Frenki hingegen stellen sich bei einem solchen Anblick auch mal die Nackenhaare auf.

Die Entscheidung darüber, wer das Feld als Sieger verlassen würde, wurde somit vertagt und ins vierte Viertel geschoben. Mit 23:22 mündeten muntere 10 Minuten in den 68:68 Spielstand vor dem Schlussviertel.

Kann er eine größere Rolle spielen? Daniel Loh mit sehenswerten Treffern in der Schlussphase (Foto: Thomas Disqué)

Blitzstart ermöglicht die Entscheidung

Das letzte Viertel begann offensiv ähnlich spektakulär wie das dritte Viertel mit dem Unterschied, dass es den Heidelbergern nun gelang, defensiv eine ordentliche Schippe draufzulegen. Die Folge: ein 9:0 Lauf in weniger als drei Minuten. Rückblickend war das die Entscheidung in einer unterhaltsamen Partie, die aber immer noch weitere Highlights zu bieten hatte. Nelson, der nun auch wieder ins Spiel gefunden hatte, setzte nach einem Ausruf von der Ehinger Bank „He can’t shoot“ trocken zum Dreier an und traf- nicht jedoch ohne ein nettes Handzeichen (drei Finger in die Luft) in Richtung Ehinger Bank folgen zu lassen. Kapitän Phillipp Heyden testete die Standfestigkeit der Korbanlagen auch nochmal mit einem Dunking und Daniel Loh schloss zwei Angriffe in Folge mit sehr sehenswerten, fast artistisch daherkommenden Korblegern, einmal mit links und einmal mit rechts ab.

Risto Vasiljevic mit einem Wurf für die Geschichtsbücher

Der erste Sieg im neuen zu Hause war somit perfekt. Perfekt? ‚Noch lange nicht‘ dachte sich wohl Risto Vasiljevic, als er sich bei noch 3 zu spielenden Sekunden den Rebound schnappte und wild entschlossen in Richtung Mitttelkreis dribbelte. Vasiljevic war sichtlich auf einer Mission. Er schaute weder links noch rechts und drückte aus der eigenen Hälfte ab. Der Ball verließ die Hand, flog im hohen Bogen durch die Arena, während der Buzzer lautstark ertönte, und flutschte ohne den Ring auch nur annähernd zu berühren, durch die Reuse. Boom! Das war ein würdiges Finish eines nicht immer hochklassigen aber stets unterhaltsamen Spiels.

Dieser Ball legte 14 Meter hinter sich, um im Netz zu landen. Schütze: Risto Vasiljevic eingentzt! (Foto: Thomas Disqué)