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27. November 2022

Cleverer in der Schlussphase

Einen offenen Schlagabtausch sahen die 4.202 Zuschauer in der Rostocker StadtHalle am Sonntagnachmittag in der easyCredit Basketball Bundesliga. Ständig ging es zwischen den einheimischen Seawolves und den MLP Academics Heidelberg hin und her. Die größte Führung lag drei Mal bei sieben Punkten für die Gäste aus Nordbaden – am Ende hieß es 84:91 (18:20, 23:23, 23:20, 20:28) und somit war ein enorm wichtiger erster Auswärtserfolg zum Entsetzen des Ostseeklubs unter Dach und Fach, der den Iisalo-Schützlingen weitere Stabilität verleihen sollte.

Wie beinahe schon Usus war’s auch in Rostock ein brutal enges Match. Es lebte von der Dramatik – vor allem im Schlussspurt -, vom unbändigen Kampf und darüber hinaus von den jeweiligen Fehlerquoten beider Teams. Unterm Strich sind all diese basketballerischen Parameter relativ egal. In solch einem „Tanz“ auf der Rasierklinge gewinnt ein Korbjäger-Kollektiv keinen Schönheitspreis. Letztendlich zählt der dritte Saisonsieg für die MLP Academics, der über die gesamte Spielzeit betrachtet verdient war.

Ein kritischer Moment in der 38. Minute

Die Academics sichern sich ihren dritten Saisonsieg. Foto: Stefan Junghanns.

In der 38. Minute sah es unterdessen ziemlich schlecht für die Gäste aus. 82:77 lagen zu diesem Zeitpunkt die Rostocker in Front. Unmittelbar zuvor hatte sich ein Missgeschick nach dem anderen ereignet, die Academics schienen bereits ein messerscharfes Duell leichtfertig aus der Hand zu geben. „Ich habe nicht gedacht, dass wir aus dem Spiel sind“, sagte Shy Ely in einer ersten Reaktion, „wir sind zusammengeblieben und haben genügend Talent und Können, um eine schwierige Situation noch umzubiegen.“

Während die „Seewölfe“ die Kontrolle und auch angesichts von kniffligen Schiedsrichter-Entscheidungen vollends die Nerven verloren, blieben die Academics eiskalt, spulten weiter relativ unbeeindruckt ihr Programm ab und vermochten maßgeblich an der Freiwurflinie für ein umjubeltes Happy End zu sorgen.

Starke Leistung von Routinier Shy Ely

Einer der Matchwinner war dabei Shy Ely. Nach der Sperre von Kapitän Akeem Vargas sprang der 35-jährige Shooting Guard hervorragend in die Bresche, markierte 18 Punkte (drei Dreier) und erwies sich insbesondere in kritischen Phasen als verlässlicher Schlüsselspieler. Der amerikanische Routinier ist in einer derartig bestechenden Form nicht aus der Mannschaft wegzudenken. Wahrscheinlich zeigte er sogar seine beste Vorstellung im Erstliga-Trikot der Academics.

Ely fand vor allem im sehr viel Ruhe ausstrahlenden Max Ugrai (19) und in der zweiten Hälfte in Eric Washington (22) Unterstützung. Der Heidelberger Wirbelwind und Topscorer fand zunächst gar nicht in die Partie. Bereits nach 2:34 Minuten hatte Washington zwei Fouls auf dem Konto, das dritte Foul drei Minuten vor der Pause ließ ihm wenige Spielräume.

Washington steigert sich nach der Pause enorm

Topscorer Eric Washington (22 Punkte) beim Zug zum Korb. Foto: Stefan Junghanns.

Wie Washington freilich im zweiten Abschnitt mit dieser persönlichen Hypothek umging, das war schon bemerkenswert. In einigen Situationen überrannte er die Rostocker buchstäblich, traf als Leader gute Entscheidungen und versenkte sowohl aus der Zweier- als auch aus der Dreierdistanz seine Würfe hochprozentig. Da auch Bryan Griffin und Lukas Herzog in einer Neuner-Rotation von Joonas Iisalo eine gute Vorstellung zeigten, fielen die Leistungsschwankungen von Tim Coleman sowie der schwächere Tag von Elias Lasisi und Vincent Kesteloot nicht allzu sehr ins Gewicht.

„Wir konnten unsere Ausfälle von Derrick Alston Junior, Till Gloger und Nijal Pearson nicht wirklich kompensieren“, sagte Rostocks bester Werfer Jordan Roland (17), „die Heidelberger waren uns heute um einen Tick mehr Erfahrung voraus.“ Eine zutreffende Analyse. Alston Junior und Gloger mussten aus Krankheitsgründen passen, Nijal Pearson war kurzfristig wegen eines Todesfalls nach Übersee gereist.

Im Vergleich der Aufsteiger der letzten beiden Jahre spielte das den MLP Academics in die Karten, denn mit diesem Trio wäre die physische Überlegenheit der Hausherren noch auffälliger gewesen – Alston Junior misst 2,06 Meter, Gloger 2,04 Meter und Pearson als Guard immerhin auch 1,96 Meter.

Sei’s drum: Während bei den Rostockern wegen der für sie erschütternden Schlussminuten vornehmlich der Frust über die vierte Niederlage in Folge regierte, herrschten bei den Academics nach den beiden letzten verlorenen Spielen gegen Bonn und Ulm Erleichterung, Zufriedenheit und Freude pur. Der dritte Saisonsieg und der Premierenerfolg in fremder Arena ist äußerst wertvoll und lässt die Heidelberger gestärkt in die bevorstehenden Auswärtsaufgaben in Oldenburg (4. Dezember im BBL-Pokal-Viertelfinale) und in Chemnitz (6. Dezember, Nachholpartie) gehen, ehe am 10. Dezember (Samstag, 20.30 Uhr) die Basketball Löwen Braunschweig im SNP dome gastieren.

 

Stimmen zum Spiel:

 

„Es war nicht das schönste Spiel, aber in dieser Liga auswärts zu gewinnen, ist immer besonders. Ich bin sehr glücklich über diesen Sieg gegen ein sehr gutes Team vor einer großartigen Kulisse. Im vierten Viertel ist es uns gelungen, in den entscheidenden Momenten Stopps zu bekommen. Und wir konnten die wichtigen Nadelstiche setzen, um den Erfolg davonzutragen.“ – Joonas Iisalo, Trainer der MLP Academics

 

„Glückwunsch an Heidelberg. Zum Spiel brauche ich nicht viel sagen. Wer das Spiel gesehen hat, hat auch das Ende gesehen. Diese Niederlage tut weh. Ich bin unglaublich stolz, wie meine Jungs gekämpft haben, obwohl bei uns seit eineinhalb Wochen die Grippe im Team umgeht. Heute haben uns, wie schon in der letzten Woche in Würzburg, zwei Starting-Five-Spieler mit Derrick Alston Junior und Nijal Pearson gefehlt. Dazu fehlte mit Till Gloger noch ein wichtiger Spieler von der Bank. Die drei haben heute gefehlt und wir liefern erneut so ein Spiel ab – vor diesem Kampfeswillen meiner Mannschaft ziehe ich den Hut.“ – Christian Held, Trainer der Seawolves

 

„Ja, es könnte mein bestes Spiel gewesen sein. Trotzdem bin ich nicht komplett zufrieden. Wir haben eine sehr gute Mentalität zum Schluss gezeigt. Wir waren immer vorne oder in Schlagdistanz. Und ich habe immer daran geglaubt, dass wir Rostock bezwingen können.“ – Shy Ely von den MLP Academics

 

Für die MLP Academics Heidelberg spielten: Eric Washington 22 (3 Dreier), Max Ugrai 19 (2), Shy Ely 18 (3), Bryan Griffin 10, Lukas Herzog 8 (2), Tim Coleman 7 (1), Elias Lasisi 5 (1), Vincent Kesteloot 2, Niklas Würzner, Felix Edwardsson (DNP), Johann Beuther (DNP).

Rostock Sewolves: Jordan Roland 17 (3), JeQuan Lewis 15 (1), Tyler Nelson 14 (3), Selom Mawugbe 11, Stefan Ilzhöfer 8, Dennis Nawrocki 7 (1), Gabriel de Oliveira 6, Sid-Marlon Theis 5, Chris Carter 1, Roy Krupnikas, Svante Schmundt (DNP).

 

Titelbild: Stefan Junghanns

 

Text: Joachim „Jogi“ Klaehn

MLP Academics Heidelberg

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